Wie Unternehmer das Beste aus der derzeitigen Lage machen können

Das Virus ist da, der nächste Lockdown auch. Doch auch wer dadurch gewisse Einbrüche erleidet, sollte nicht tatenlos zusehen und weitermachen wie gehabt.

Die Krise als Chance sehen“. Zugegeben, dieser Satz wurde in den vergangenen Jahrzehnten reichlich strapaziert und oftmals zu völlig falschen Anlässen genutzt. Wenn es jedoch jemals eine Situation für Logistik, eCommerce und Co. gab, in der er wie der Deckel auf den Topf passte, dann jetzt. Ja, gerade jetzt, wo der nächste Lockdown losgeht.

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Aufträge mögen einbrechen, die Umsätze sinken. Doch wenn eines klar sein sollte dann, dass die Lage in absehbarer Zeit ein Ende finden wird. Dafür stehen allein gleich mehrere Impfstoffe, die derzeit nur noch bürokratische Hürden überwinden müssen, um weltweit eingesetzt werden zu können. Zwar wird es noch einige Monate bis zur Durchimpfung dauern, doch mit jeder gesetzten Spritze wird etwas mehr Normalität zurückkehren; bleibende Normalität!

Eine Krise mit Ablaufdatum, sozusagen. Und damit eine in dieser Konstellation einzigartige Chance, den jetzigen Leerlauf zu nutzen, um sein Unternehmen auf die Zeit danach vorzubereiten. Denn wo das Ende abzusehen ist, sind die Risiken beträchtlich niedriger geworden, durch irgendeine Maßnahme außer vorsichtiger Zurückhaltung und Bewahrung einen womöglich fatalen Fehler zu begehen – ungleich zu der Phase vor wenigen Monaten. Doch was können Unternehmer jetzt tun, um die Krise als Chance zu nutzen?

 

Das Personal sorgsam schulen.

Kaum ein Unternehmen kann heute noch von sich behaupten, eine so dicke Personaldecke zu besitzen, dass es nichts ausmacht, wenn einige Angestellte nicht für die Arbeit zur Verfügung stehen – erst recht, wenn noch die sowieso üblichen Lücken durch Krankheit und Urlaub bestehen.

Angesichts dessen ist es im Normalbetrieb für viele Firmen ausnehmend schwierig, Personal auch nur tageweise freizumachen, um das Wissen der Angestellten bei Schulungen zu mehren – ganz gleich, ob diese inhouse oder externen stattfinden.

Jetzt jedoch ist die große Chance: Viele Unternehmen haben von den Möglichkeiten für Kurzarbeit Gebrauch gemacht, andere arbeiten ohne weiter. In beiden Fällen hat die Auftragslage meistens dazu geführt, dass weit weniger zu tun ist als in normalen Phasen.

In sehr vielen Fällen ist es deshalb problemlos möglich, Personal vom Tagesgeschäft freizumachen, um es durch Aus- und Weiterbildung fit zu machen; zumindest schichtweise. Wer in Österreich COVID-basiertes Kurzarbeitergeld beantragt hat, kann sich sogar für einen Zuschuss des AMS bewerben.

Der Erfolg ist mehr als eine reine Verlegenheitslösung, keine „Arbeitsbeschaffungsmaßnahme“. Viel mehr:

  • Unternehmen können gezielt anhand ihrer eigenen Notwendigkeiten und zukünftigen Problemstellungen zusätzliches Wissen vermitteln (lassen).
  • Die neuen Experten gehen aus den eigenen Reihen hervor. Sie kennen den Betrieb, kennen die Abläufe und sind deshalb ungleich besser als jeder ähnlich fähige, aber neu hinzustoßende Mitarbeiter.
  • Es ist ein wirksames Signal an die Belegschaft: „Wir geben uns nicht angesichts der Lage geschlagen, sondern nutzen sie aus, um in euch und den Betrieb zu investieren“. 
  • Es können Teammitglieder motiviert werden, die angesichts der Lage, der verminderten Arbeit, dem Kurzarbeitergeld usw. vielleicht schon mit dem Gedanken spielen, sich nach einer neuen Stelle umzusehen.

Welche Schwerpunkte bei diesen Schulungen gesetzt werden sollten, hängt natürlich vom Unternehmen und den Teammitgliedern ab. Eine gute Option wäre es allerdings, zunächst einen Fokus auf das Digitale zu legen: In der ganzen EU und auch bei uns haben Angestellte in Sachen Digitalkompetenz noch Nachholbedarf; besonders dort, wo es über die Grundfähigkeiten hinausgeht.

 

Das Unternehmen digitaler machen.

Viele Firmen halten sich heute für ausnehmend digital. Ganz besonders, wenn der Löwenanteil ihrer Umsätze im Internet gemacht wird. Tatsächlich ist das jedoch vielfach nur eine subjektive und teils stark übertriebene Ansicht.

Denn was den allgemeinen Digitalisierungsgrad anbelangt, liegt Österreich zwar vor dem EU-Durchschnitt, aber hinter Deutschland – das sich wiederum selbst oft als digitales Schlusslicht sieht.

Auch in Sachen Wirtschaft könnte Österreich viel besser sein. Gerade einmal 20 Prozent aller Händler sind im eCommerce tätig, mehr als 40 Prozent der für jede Volkswirtschaft so wichtigen KMU haben einen nur geringen Digitalisierungsgrad.

Das alles ist vornehmlich eines: Eine riesige Gefahr für die Zukunft der hiesigen Unternehmen, ja sogar des ganzen Wirtschaftsstandortes. Denn alle Experten sind sich längst darüber einig, dass COVID-19 ein einziger Brandbeschleuniger für die Digitalisierung ist.

Auch hier stehen zahlreiche Möglichkeiten offen. Einen hocheffektiven und zugleich günstigen Weg stellt es jedoch dar, zunächst eine digitale Nachrüstung zu fokussieren: Retrofitting ist dafür das Schlagwort der Stunde. Nachrüsten bestehender Systeme mit digitalen Komponenten, etwa Sensoren und Steuerungstechnik. Der Erfolg:

  • Die Maschinen und Anlagen bleiben bestehen. Es muss kaum etwas neu erlernt werden, es gibt keine enorm teuren Neuanschaffungen.
  • Die bisherigen Systeme können ungleich besser gemacht werden – schneller, präziser, energiesparender.
  • Die Systeme erfahren eine Lebensdauerverlängerung, wodurch sie viel länger als geplant genutzt werden können. Das spart langfristig zusätzliches Geld.

Natürlich wird auf diese Weise aus einer vielleicht altehrwürdigen Anlage keine High-Tech-Maschine. Wohl aber wird daraus ein System, das auch im Angesicht der dramatisch fortgeschrittenen Digitalisierung noch wettbewerbsfähig bleibt.

 

Träume in Pläne umwandeln.

Ein guter Unternehmensleiter kennt keinen Status quo. Er ist immer schon gedanklich mit dem Morgen und dem Übermorgen beschäftigt. In der geschäftlichen Realität allerdings bleibt es meistens bei Gedankenspielen – für mehr bleibt einfach nicht der Raum, wenn das Tagesgeschäft den vollen Einsatz erfordert.

Auch wenn sich viele Meetings und ähnliche Termine natürlich nur in den digitalen Raum verlagert haben, können doch viele CEOs derzeit von sich behaupten, durchaus mehr „Luft“ zu haben.

Natürlich ist es sinnvoll, ein wenig davon für sich selbst abzuzweigen und der im Normalbetrieb gerade bei Entscheidern viel zu häufig vernachlässigten Work-Life-Balance etwas Pflege angedeihen zu lassen. Darüber hinaus sollte jedoch noch genügend Raum verbleiben, um jene Träume zu konkretisieren.

Entscheider, Teamleiter, Controller, eine Schreibkraft zum Protokollieren, mehr braucht es nicht. Das Ziel ist es, regelmäßige Brainstormings abzuhalten. Träume und Visionen zu sammeln und dann gemeinsam zu eruieren, wie sich diese im Unternehmen in die Praxis umsetzen lassen.

Dabei geht es nicht einmal darum, Maßnahmen zu präparieren, die sofort umgesetzt werden, sobald die Immunisierung verkündet wurde. Es geht um Langfristigkeit. Darum, Pläne im Regal zu haben, die bei Bedarf nur noch hervorgezogen und Punkt für Punkt abgearbeitet werden müssen. Dafür ist die jetzige Situation Gold wert.

 

Marktanteile ergreifen.

Jede Krise kennt drei Gruppen von Unternehmen:

  1. Die, die von der Krise ruiniert werden
  2. Die, die sie nur etwas oder auch gar nicht spüren
  3. Die, die sie gestärkt verlassen

Wer zur ersten Gruppe gehört, der leidet oftmals letztlich nicht wegen der Krise; diese ist nur ein Auslöser und Katalysator. Wem es derzeit so ausnehmend schlecht geht, dass der Bankrott droht oder eintritt, hat höchstwahrscheinlich in der Vergangenheit der Wirtschaftlichkeit nicht genügend Augenmaß beigemessen, hat kurzfristig gehandelt, keine Vorbereitung für schlechte Zeiten getroffen – Firmen, die durch die Lockdowns quasi einem Geschäftsverbot unterliegen, natürlich explizit ausgenommen!

Diesen Unternehmen ginge es in jeder Krise schlecht, ohne dass jemand von außen einen zusätzlichen Stoß dazu geben muss; etwa ein Konkurrent.

Wer zur zweiten Gruppe gehört, spürt häufig die Krise deshalb nicht, weil sie sein Geschäft kaum betrifft. Im Falle von COVID-19 beispielsweise Körperpflegeprodukte. Bis auf gewisse Spitzen im Absatz von Toilettenpapier wird diese Branche durch das Virus weder negativ noch übermäßig positiv berührt. Ausnahmen gibt es nur in der Kosmetikbranche; natürlich, da verminderte Anwesenheitspflichten den Bedarf für Mascara und Co. verringern.

Ferner finden sich hier auch viele Betriebe, die zwar betroffen sind, aber durch vorheriges gutes Wirtschaften, Anlage von Reserven und Konsolidierungsmaßnahmen ohne allzu schwere Schäden durch die Krise steuern. Auch bei diesen Firmen droht nur wenig Gefahr.

Bleibt die dritte Gruppe. Sie teilt sich auf:

  1. Unternehmen, die durch ihr Geschäftsmodell in der Krise besonders hervorstechen. Heuer eCommerce, Streaming-Dienstleister, Kommunikationsanbieter und dergleichen.
  2. Unternehmen, die zwar betroffen sind, aber es schaffen, während der Krise die richtigen Maßnahmen zu ergreifen.

Genau darum geht es auch bei dieser Maßnahme: Wer es sich jetzt irgendwie leisten kann, sollte versuchen, seine Marktanteile zu vergrößern. Fast in jeder Branche gibt es derzeit Firmen, die in den Ruin getrieben wurden. Deren Kunden werden auch weiterhin die hier angebotenen Waren und Dienstleistungen benötigen.

Ein guter Unternehmer macht genau jetzt die Augen auf und sucht nach solchen Kunden. Das hat nichts mit dem schamlosen Ausnutzen der Notlagen anderer Firmen zu tun – wer durch Corona bankrottging, hat nichts mehr von diesen Kunden und konnte auch mit ihnen nicht überleben. Irgendwer wird sich dieser Kunden annehmen, warum also nicht das eigene Unternehmen, das somit gestärkt aus der Krise wieder hervorkommen kann?

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