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Regulierung von Retouren: Österreichischer Handelsverband kann deutschem Vorschlag nichts abgewinnen

Deutsche Umweltministerin Schulze will Warenvernichtung bei Retouren via „Obhutspflicht“ einschränken. Plan weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll.

Was Händler mit neuwertiger Retour- und Lagerware machen, sei eine Blackbox, sagt die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze. Daher will sie Handelsunternehmen nun per Gesetz zu mehr Transparenz zwingen und Dokumentationspflichten einführen. Darüber hinaus sollen Betriebe in Deutschland verpflichtet werden, keine zurückgegebenen Neuwaren zu vernichten.

Die Händler sollen über eine sogenannte „Obhutspflicht“ angewiesen werden, Waren gebrauchstauglich zu halten – etwa durch Sorgfalt bei Transport und Aufbewahrung, ermäßigten Verkauf oder Produktspenden. Um die Pflicht konkret auszugestalten, müsste die deutsche Bundesregierung allerdings noch eine Verordnung erlassen und das Kreislaufwirtschaftsgesetz ändern.

Heimische Händler vernichten keine funktionsfähigen Artikel.
Der österreichische Handelsverband kann dem deutschen Vorstoß nichts abgewinnen. Warum? „Es mag im Onlinehandel durchaus Betriebe geben, die Retouren vernichten. Das sind aber keine europäischen Händler, sondern in erster Linie chinesische Anbieter, die ihre Billigware über eCommerce-Plattformen wie Amazon, AliExpress oder Wish in Europa anbieten“, sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Wenn Retouren im eCommerce vernichtet werden, handelt es sich in der Regel um geringwertige Artikel, bei denen eine Aufbereitung mehr Geld kosten würde als das Vernichten. „Unsere heimischen Händler vernichten schon aus wirtschaftlichem Interesse keine funktionsfähigen Artikel“, bestätigt Will.

Marktplätze aus Asien & USA in die Pflicht nehmen.
Eine Obhutspflicht für deutsche oder europäische Händler hätte demnach keinerlei positive ökologische Wirkung. Im Gegenteil, die Verordnung würde lediglich den heimischen Webshops und KMU-Händlern zusätzliche bürokratische Hürden auferlegen. Profitieren würden einmal mehr die milliardenschweren Marktplätze aus Asien und den USA.

„Seit Jahren weisen wir auf die Ungerechtigkeiten zwischen heimischen und internationalen Onlinehändlern hin – von der dringend erforderlichen Versteuerung ab dem ersten Cent über die Schaffung EU-weiter Konditionen bei der pauschalen Palettenverzollung bis hin zur Einführung einer Plattformhaftung für die Verpackungsentpflichtung. Wir haben bereits drei Löcher im Fass. Kümmern wir uns doch mal um diese drei, bevor wir ein viertes Loch bohren“, appelliert Rainer Will.

Österreich: Retourenquote 2019 gesunken.
Im weltweiten Onlinehandel werden mittlerweile rund 286 Millionen Pakete pro Jahr zurückgeschickt. Würde man all diese Pakete aneinanderreihen, könnte man damit fast 3 Mal die Erde umrunden.

Hierzulande geht die Retourenquote im Onlinehandel hingegen nach konstanten Anstiegen in den letzten Jahren erstmals wieder zurück, da Produkte auf Webshops immer besser beschrieben werden und die vielen positiven oder negativen Kundenbewertungen zu klaren Erwartungshaltungen der Kunden führen. Während 2018 noch 43% der Online-Shopper bestellte Produkte zumindest teilweise wieder retourniert haben, liegt die Retourenquote 2019 bei 41%.

Hohe Retourquoten weist vor allem das Modesegment auf, gegenüber dem Vorjahr zeigt sich jedoch auch hier ein Rückgang. So ist die Retourenquote bei Bekleidung von 54% auf 50% gesunken.

Und was passiert mit zurückgesendeten Waren?

  • Funktionsfähige Artikel (A-Ware; die überwiegende Mehrheit aller Retouren)) werden aufbereitet und wiederverpackt;
  • Artikel, die noch in Ordnung sind, aber kleinere Fehler, Flecken oder Risse aufweisen (B-Ware), werden über eigene oder fremde Abschleuß-Schienen vergünstigt weiterverkauft;
  • Ausschließlich kaputte, nicht reparaturfähige Artikel (C-Ware) werden tatsächlich vernichtet, wenn eine Wiederverwertung aufgrund der starken Beschädigung nicht mehr möglich ist und aus Kundensicht keinen Nutzen hätte.

Rückfragen & Kontakt:
Handelsverband
Mag. Gerald Kuehberger, MA
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