Ökologisierung und CO² Neutralität in der Paketzustellung

Über vier Milliarden Kurier-, Express- und Paketsendungen (KEP) wurden im Jahr 2020 in Deutschland verschickt, rund elf Prozent mehr als im Jahr davor.

Gastbeitrag: Florian Seikel.

Über vier Milliarden Kurier-, Express- und Paketsendungen (KEP) wurden im Jahr 2020 in Deutschland verschickt, rund elf Prozent mehr als im Jahr davor: Eine große Herausforderung für die Logistikbranche, denn auch das Bewusstsein der Kund*innen für die Gefahren des Klimawandels ist gewachsen. Sie fordern Nachhaltigkeit beim Transport ihrer Sendungen. Die Methodiken zur Berechnung und Ausweisung von Treibhausgas-Emissionen und Luftschadstoffen bei der Paketbeförderung sind dabei eine wichtige Grundlage zur Umsetzung und zum Nachweis des Einhaltens der Klimaschutzziele.

Wie lassen sich die Digitalisierung im modernen Handel, das Wachstum des Onlinehandels und die damit verbundenen steigenden Paketmengen in Einklang mit den ehrgeizigen internationalen Klimaschutzzielen bringen? Und welchen Beitrag können Standardisierungsprojekte dazu leisten?

Digitalisierung des Einzelhandels ermöglicht Ökologisierung.
Der digital gestützte Einzelhandel (Ecommerce) mit seinen Konsument*innen und dessen Zustellung in Form von Paketsendungen ermöglicht die Ökologisierung. Daten zu jedem Paket, zu dessen Inhalt sowie Verpackung werden digital gesammelt und verknüpft mit Informationen zu Annahme, Transport, Fracht, Lager, Depots sowie Abgabe der Paketsendungen. Zudem haben internationale Organisationen, wie der Weltpostverein, sektorspezifisches Mess- und Berichtswesen des ökologischen Fußabdrucks entwickelt. OSCAR (Online Solution for Carbon Analysis and Reporting) ist eine interaktive Online-Plattform. Postunternehmen in den Mitgliedsländern des Weltpostvereins, darunter auch Deutschland, können damit ihre Treibhausgasemissionen analysieren und melden, sowie Möglichkeiten zur Verringerung der Treibhausgasemissionen identifizieren. So findet eine Ende-zu-Ende Messung auf Einzelsendungsebene statt: lokal, regional und weltweit

Zuordnung von CO2– & Treibhausgas- Emissionen zu einzelnen Paketen.
Harmonisierte europäische und globale Regeln und Normen zur Quantifizierung, Zuordnung und Berichterstattung der Umweltauswirkungen von Paketlogistik-Zustelldiensten auf Einzelpaketebene sind unerlässlich. Nur so kann man das Ziel „Netto-Null-Emissionen“ von Treibhausgasen (THG) und anderen indirekten/direkten Luftschadstoffen erreichen.

Immer wenn einzelne B2C-Lieferungen (Einzelpakete mit Gütern/Waren) eingesammelt und vom ersten Paketdienst entgegengenommen werden (d. h. Lagerung und Erfüllung), für Fracht und Transport (d. h. globale multimodale Lieferketten) konsolidiert, zur Endsortierung empfangen und gemäß Präferenzen des Endempfängers zugestellt werden, sind obligatorisch vorgeschriebene und im Voraus elektronisch auszutauschende Datenelemente verfügbar (z. B. nach dem globalen Datenmodell des Weltpostvereins; nach dem Zolldatenmodell der EU, oder auch nach den Vorgaben der IATA nach „Preloading Advance Cargo Information (PLACI). Selbst wenn es sich um einen vereinfachten Datensatz handelt, sind die heute verpflichtenden Datenelemente dazu angelegt durch Daten ergänzt zu werden, um Umweltauswirkungen der Paketlogistik und der Zustellvorgänge auf Artikelebene zuordnen, quantifizieren und melden zu können.

Abbildung 1     Unterschiedliche Ansätze um eine „saubere (CO² neutrale) Produktion in der Zustellung von Warensendungen (Paketen, Warenbriefen) zu erreichen am Beispiel der Deutschen Post DHL Gruppe

Neue Kraftstoffe – energieeffizienter Betrieb – Routenoptimierung – wieder verwendbare Verpackungen.
Die Einführung neuer Kraftstofftechnologien, energieeffiziente Zustellung, Routenoptimierung, Verpackungsklassifizierung, Einbindung der Lieferanten und viele andere Maßnahmen müssen angepasst werden, um die Umweltauswirkungen der gesamten Wertschöpfungskette in der Paketzustellung, Ende-zu-Ende, zu messen.

Solide Überwachungsmethoden, Daten zu jeder Sendung, standardisierte Berechnungsmethoden und Berichterstattung sind unerlässlich, um die effektivste Strategie zur Reduktion der Emissionen auszuwählen, mit dem Ziel die Umweltauswirkungen in der Paketlogistik und in der Zustellung von Lieferdiensten vollständig offenzulegen.

Normung als Grundlage der Geschäftstätigkeit.
Nachhaltigkeitsberichte und Nachweise folgen dabei gesetzlichen und normativen Vorgaben. So basiert OSCAR auf der Messmethodik des „Greenhouse Gas-Protocol“ und ist ebenso mit der internationalen Norm ISO 14001 für Umweltmanagementsysteme sowie der „Global Reporting Initiative“ abgestimmt. Normen ermöglichen dabei Zertifizierungen und Audits, aber auch politische Lenkungsmaßnahmen, wie z. B. Förderungen, Quotenregistrierung und Re-finanzierung.

„Leuchtturmbeispiel“ von Normung für Konsumenten.
„Mit verbindlichen, postsektorspezifischen Messnormen zum ökologischen Fußabdruck in der Paketzustellung kann die CO²- oder THG- Belastung pro Paketsendung dargestellt werden und wird auch im Wettbewerb Berücksichtigung finden. Auch die EU-Kommission hat die Bedeutung des Post- und KEP Paketzustellmarktes erkannt. Im Oktober 2022 wird, in Umsetzung der Postdienste-Richtlinie, ein fünftes Mandat an die europäische Normungsorganisation CEN, mit entsprechenden Vorgaben vergeben.

Als Grundlage hierfür wurde die Europäischen Norm DIN EN 17837 „Ökologischer Fußabdruck der Paketzustellung – Methodik zur Berechnung und Deklaration von THG-Emissionen und Luftschadstoffen von Paketlogistik-Zustelldiensten“ erarbeitet. Nach Erscheinen wird die Norm nach den Vorgaben des Unionsrechts im Amtsblatt der EU-Kommission als „Stand der Technik“ für den Postmarkt der EU veröffentlicht.

Damit wird die Methodik zur Berechnung und Deklaration von THG-Emissionen und Luftschadstoffen von Paketzustelldiensten an bestehende und weltweit geltende Normen angeglichen. (ISO/DIS 14083; EN 16258 – beide speziell für den Transport (Fracht / B2B)). Mit der Erarbeitung der ökologischen Fußabdrucknorm in der Paketzustellung (EN 17837) wird den speziellen Anforderungen der Paketzustellung für den digitalen Einzelhandel Rechnung getragen. Die gesamte Wertschöpfungskette der Paketzustellung von der Abholung bis zur endgültigen Zustellung beim Endkonsumenten wird abdeckt.

Weltpostverein hat eine eigene Plattform zu CO² / THG Emissionsmessung aufgebaut.
Die 192 Mitgliedsstaaten des Weltpostvereins haben eine eigene Plattform einrichtet. Es gilt als höchstwahrscheinlich, dass der WPV Kohlenstoffbilanzierung über seine OSCAR Plattform durchführen wird. Das internationale Bureau des WPV unterstützt die CO²-Bilanzierung durch OSCAR – die Online-Lösung für CO²-Analyse und Berichterstattung. OSCAR steht allen WPV Mitgliedern kostenlos zur Verfügung. Benutzer können die THG-Emissionen den postalischen Zustellkettenbereichen 1, 2 und 3 mit Hilfe der OSCAR-Plattform abschätzen. Die erste umfassende Datenkampagne für 2021 wurde am 13. Juni 2022 gestartet. Die Kampagne endet am 1. November 2022.

 

Abbildung 2     Quelle Weltpostverein – OSCAR (Online Solution for Carbon Analysis and Reporting) ein Werkzeug des WPV zur Messung und Analyse des CO² Fußabdrucks im Postmarkt

Als internationales Netzwerk arbeitet der logistic-natives e.V. an dieser Thematik aktiv mit und hat sich diesbezüglich effektiv und pragmatisch positioniert. Wer Interesse an der Thematik oder weiteren marktrelevanten Gestaltungsmöglichkeiten hat, ist herzlich willkommen und meldet sich bitte bei Florian.Seikel@logistic-natives.com oder bei Walter.Trezek@logistic-natives.com.

 

LOGISTIK express Journal 4/2022

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