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Lücken in der Digitalisierung schließen: Logistik muss transparenter werden

Geraten Supply Chains aus dem Takt sind oft externe Ereignisse der Auslöser – die eigentlichen Ursachen liegen jedoch tiefer: Mangelnde Transparenz erschwert die Vorbereitung auf Störungen und verzögert effektive Gegenmaßnahmen. Antony Francis, Supply Chain & Logistics SME bei Endava, zeigt vier Möglichkeiten auf, wie Unternehmen ihre Lieferketten transparenter und resilienter machen können.

Antony Francis, Supply Chain & Logistics SME

Der Wert des globalen Logistiksektors belief sich 2017 auf 7,6 Billionen US-Dollar und wird bis 2027 voraussichtlich 12,9 Billionen US-Dollar erreichen. Doch dieses Wachstum geht nicht ohne Probleme vonstatten. Die Systeme, die das immense Volumen und die gestiegene Komplexität von Lieferketten verwalten sollen, sind nicht schnell genug mitgewachsen. Mangelnde Kommunikation zwischen Dienstleistern oder ungenaue Informationen über den Verbleib von Produkten können die Resultate sein. Oft wird auf jeder Stufe der Lieferkette ein anderes System verwendet, die Dokumentation bleibt auf der Strecke oder Daten werden nicht vollständig oder kompatibel zusammengeführt.

Solche Zustände sind nicht nur ineffizient, sondern aufgrund des neuen Lieferkettengesetzes in Deutschland für Unternehmen auch nicht zukunftsfähig. Daten werden mithin als die Lösung aller Probleme angesehen, aber sie allein können nicht für mehr Transparenz sorgen. Nur wenn sie effektiv eingesetzt werden, können sie einen Einblick in die Lieferkette geben und aufzeigen, welche Systeme funktionieren und welche versagen.

Anfällige Lieferketten

Aktuell sehen wir viele Beispiele, wie externe Faktoren die Funktion von Lieferketten beeinträchtigen können: Weihnachtsgeschenke kommen etwa nicht rechtzeitig in die Regale, weil die Sendungsverfolgung nicht aktualisiert wurde, um eine Verzögerung beim Zoll zu melden. Oder ein Containerschiff wird in einem Hafen oder Kanal blockiert. Oder ein wichtiges Halbzeug kostet das Doppelte, weil die Zulieferfirma in Konkurs gegangen ist und das Unternehmen keine Pläne für alternative Lieferanten hatte. Die eigentliche Ursache für solche Situationen sind jedoch häufig schon länger bestehende digitale Lücken in Backend-Systemen.

Wenn man Probleme im Supply Chain Management angehen möchte, muss man sich vergegenwärtigen, dass es drei getrennte, aber miteinander verknüpfte Lieferketten gibt: die physische, die informationstechnische und die finanzielle Kette, die sich gegenseitig bedingen. Digitale Brüche treten auf, wenn die Systeme und Prozesse nicht miteinander interagieren, was zur Folge hat, dass Unternehmen nicht mehr in der Lage sind, schnell auf Situationen zu reagieren.

 

  1. Vorhandene Daten bestmöglich nutzen.

Unternehmen sollten das volle Potenzial der ihnen zur Verfügung stehenden Daten in erweiterten Lieferketten ausschöpfen. So sollten beispielsweise Daten über Verzögerungen optimal verwaltet werden, damit die Personalplanung rechtzeitig angepasst werden kann. Transparenz spielt dabei eine entscheidende Rolle. Die Einrichtung einer zentralen Koordinationsstelle kann einen besseren Überblick verschaffen. Diese erfasst jeden Schritt eines Prozesses, sodass der Warentransfer und der genaue Zeitpunkt der Störung nachvollzogen und Lösungsmaßnahmen genau abgestimmt werden können.

Darüber hinaus sollten Unternehmen ihre Verwaltungssysteme und Kundendienstanwendungen integrieren, damit ihre Mitarbeiter über Lieferverzögerungen schnell informiert sind und Kunden aktiv benachrichtigen können. Viele Kundendienstzentren stellen lediglich technische Daten zu Produkten zur Verfügung und nehmen Bestellungen von Kunden per Telefon entgegen. Dies ist jedoch nicht proaktiv genug. Ziel ist es, den Bestellstatus direkt in den Kundenservice-Anwendungen anzuzeigen.

 

  1. ATP-Lösungen einsetzen.

Grundlegende Anwendungen zur Bestandsverwaltung überwachen nur die ein- und ausgehenden Aufträge, ohne die laufenden und zukünftigen Lieferungen zu berücksichtigen. Bei schnelllebigen E-Commerce-Aktivitäten ist es von entscheidender Bedeutung, dass Kunden über den Auftragsstatus informiert werden können. ATP-Algorithmen (Available-to-Promise) integrieren alle vorhandenen und zukünftigen Bestandsbewegungen, sodass den Kunden ein genaues Lieferdatum mitgeteilt werden kann.

 

  1. Dokumenten-Workflow optimieren.

Beim Import werden viele Dokumente wiederholt vorgelegt. Es ist von entscheidender Bedeutung, rechtzeitig informiert zu sein, wenn wichtige Dokumente verspätet eintreffen oder gar fehlen. Beim internationalen Versand ist Timing alles – hier kommen operative Dashboards ins Spiel. Wenn eine Sendung verspätet eintrifft, werden in der Folge weniger Waren verkauft. Die Erstellung eines Dashboards, das verschiedene Dokumente überwacht und anzeigt, wann sie bearbeitet werden sollten, optimiert diesen Prozess. Zunächst müssen dafür die Prozesse abgebildet werden, auf deren Grundlage Informationen in das Dashboard eingespeist werden. Dann können Anwendungsberichte zum Beispiel nach einem Ampelsystem erstellt werden – auf diese Weise können alle wichtigen Dokumente effizient erfasst werden. Die vielleicht wichtigste Dateneingabe ist dabei das HTS-System (Harmonized Tariff Schedule).

 

  1. Daten allein reichen nicht aus.

Daten haben einen erheblichen Einfluss auf die Lieferkette, aber sie können nicht alle Probleme lösen. Der Schlüssel liegt nicht in der bloßen Verwaltung der Daten, sondern im Verständnis, wie man sie optimal nutzt. Mit den richtigen Tools können Unternehmen Einblicke in ihre Lieferketten gewinnen, um Problembereiche zu identifizieren und ihr Wachstumspotenzial zu optimieren. Ein Beispiel wäre die Erweiterung der Intralogistikprozesse innerhalb eines Lagers durch Yard-Management-Anwendungen, die ASN-Daten (Advanced Shipment Notification) integrieren. Dies ermöglicht einen nahtlosen Warenfluss vom Werkstor bis zur Entladung und Annahme.

 

Fazit:  Veraltete Verwaltungssysteme und Daten in abgeschlossen Silos erschweren das effiziente Management immer komplexerer globaler Lieferketten. Die mangelnde Transparenz erlaubt es Unternehmen oft nicht, sich auf Krisensituationen vorzubereiten, was ihre Resilienz beeinträchtigt. Um für die Herausforderungen der Zukunft im Logistiksektor gewappnet zu sein, ist es entscheidend, jetzt die Transparenz entlang der gesamten Lieferkette zu steigern, die eigenen Daten optimal zu nutzen und moderne Verwaltungs-Tools zu implementieren.

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