Debatte um Werbeverbote für „ungesunde“ Lebensmittel

Das Gesundheitsministerium sorgt mit einem überzogenen Vorstoß in Richtung Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel für Aufregung in der Werbe- und Medienbranche. Auch Handel und Markenartikelhersteller lehnen die Initiative, die über die ohnehin strengen EU-Vorgaben weit hinausgeht, entschieden ab.

Beitrag: Rainer Will.

Ein Gesetzesentwurf des Gesundheitsministeriums sorgt derzeit für Aufregung in der heimischen Werbewirtschaft und im Handel: Der Entwurf für die Umsetzung der seit 2012 geltenden EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (EU-AVMD-RL) in nationales Recht sieht u.a. weitreichende Einschränkungen für die Bewerbung von bestimmen „ungesunden“ Lebensmitteln in und um Kindersendungen auf.

Sollte der Vorschlag tatsächlich wie geplant umgesetzt werden, wären die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen für die österreichischen Nahrungsmittelproduzenten ebenso wie für den Lebensmittelhandel und die Werbewirtschaft massiv. Hersteller und Händler würden bei ihren Marketingaktivitäten eingeschränkt, die Medien wiederum müssten starke Rückgänge bei den Werbespendings in Kauf nehmen.

In der EU-Richtlinie ist u.a. vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten die Förderung der Selbstregulierung mithilfe von Verhaltenskodizes – in Bezug auf unangebrachte audiovisuelle Werbung in/rund um Kindersendungen für ungesunde Lebensmittel & Getränke (die z.B. viel Fett, Transfettsäuren, Salz, Natrium oder Zucker enthalten) – unterstützen müssen.

„Österreichisches Nährwertprofil“ geplant.
Besonders brisant: Das Gesundheitsministerium hat der Nationalen Ernährungskommission (NEK) bereits den Auftrag erteilt, ein „Österreichisches Nährwertprofil“ zu erstellen. Dabei ist weder die Ausarbeitung eines derartigen Profils noch die Berücksichtigung in den Verhaltenskodizes in der zugrundliegenden EU-Richtlinie zwingend vorgeschrieben. Ein klarer Fall von angedachtem, überzogenem Gold Plating (= die überschießende Umsetzung von EU Vorgaben durch Mitgliedstaaten).

Hinzu kommt: Das Österreichische Nährwertprofil soll deutlich über die Bestimmungen der EU-AVMD-RL hinausgehen und im Ergebnis sogar absolute Werbeverbote für eine Reihe von Lebensmittelkategorien vorsehen, etwa für Süßwaren, Desserts, bestimmte Getränke, Speiseeis, Fischstäbchen, Wurst, pikante Snacks, etc.

Die absoluten Werbeverbote sind dabei so formuliert, dass sie unabhängig davon gelten sollen, ob es einen Bezug zu Kindersendungen gibt oder nicht. Neben der klassischen TV-Werbung könnten somit auch Radiospots oder sogar Flugblätter erfasst sein, da die Werbeverbote medienunabhängig formuliert sind. In der EU-AVMD-RL ist hingegen klar nur von „unangebrachter audiovisueller kommerzieller Kommunikation, die Kindersendungen begleitet oder darin enthalten ist“ und bestimmte „nicht empfohlene Lebensmittel und Getränke“ betrifft, die Rede.

Der Schutz von Kindern vor irreführender Werbung ist auch dem österreichischen Handel ein zentrales Anliegen. Die geplanten Einschränkungen des Gesundheitsministeriums gehen jedoch weit darüber hinaus. Überdies gibt es in der heimischen Werbewirtschaft bereits seit Jahren ein gut funktionierendes Kontrollsystem. Daher lehnt der Handelsverband ebenso wie der Markenartikelverband diese Form von Gold Plating auf Kosten der heimischen Lebensmittelhersteller und -händler entschieden ab. Ein derart überzogenes, unausgegorenes Konzept sollte nicht im nationalen Alleingang realisiert werden, wenn ohnehin eine EU-weite Ausarbeitung bevorsteht.

Der Handelsverband fordert daher, dass die Bezugnahme auf Nährwertprofile im Begutachtungsentwurf entfallen muss. Ebenso darf das Österreichische Nährwertprofil von der NEK nicht beschlossen werden. Die Ausweitung der Werbebeschränkungen von audiovisuellen Medien auf andere Kanäle (z.B. Printwerbung) und außerhalb von Kindersendungen sollte jedenfalls entfallen. (RW)

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