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Chinas Inlandsprovinzen sind für österreichische, deutsche Firmen attraktiv

Aufgrund von gestiegenen Immobilienpreisen und Löhnen zieht die chinesische Fertigung zunehmend in Inlands- und West-Provinzen. Dort sind Mega-Citys mit großem Potenzial für lokale Fertigung und Beschaffung besonders in den
Bereichen Elektronik, Computer und Kfz entstanden.

Redaktion: Dirk Ruppik.

Die chinesischen Küstenprovinzen boomen nach wie vor. Die Fertigung und die Versendung von Gütern läuft in Megastädten wie beispielsweise Shenzhen, Hong Kong und Shanghai auf Hochtouren. Allerdings wird der Platz immer knapper und die Mieten und Kaufpreise besonders auch für Gewerbeimmobilien steigen in astronomische Höhen. Zudem sind aber auch die Löhne für Facharbeiter beträchtlich gestiegen. Daher liegt es nah, dass die Fertigung in benachbarte bzw. Inlandprovinzen abwandert. Diese dienen als Landbrücken zwischen den östlichen und westlichen Provinzen sowie zwischen Europa und Russland. Bereits wird die Infrastruktur und der Bau von hochmodernen Lagerhäusern vorangetrieben. Allerdings leiden die Inlandsstädte unter Facharbeitermangel, Beschränkungen durch Behörden und Technologie, fragmentierten Distributionssystemen sowie uneinheitlicher Infrastruktur. Die rund 700 000 registrierten Logistikunternehmen des Landes bieten aufgrund lokaler Bestimmungen kaum durchgehende Transportdienste zwischen Küsten- und Inlandsprovinzen an. Der See- bzw. Küstentransport ist generell die günstigste Transportform, gefolgt von Eisenbahn und Lufttransport. Lufttransport kommt meist nur für hochwertige elektronische Produkte in Frage. Bei der Verlagerung der Fertigung in die Inlandsprovinzen muss die Ware also erst in die Häfen der Küstenstädte oder via Güterzugverbindungen z. B. nach Russland und Europa transportiert werden.

Die Regierung unterstützt bisher den Ausbau des Eisenbahnnetzwerkes mit Subventionen. Allerdings bestehen Befürchtungen, was passieren wird, wenn diese ganz oder teilweise eingestellt werden sollten. Zudem ist es momentan auch noch recht schwierig, sichere Daten über Tarife, Frachtvolumen und Frequenz zu erhalten. Allerdings besitzen viele chinesische Inlandsstädte eine gute Straßenanbindung an umliegende kleinere und mittelgroße Städte.

Die aufgehenden Sterne am Firmament: Chengdu, Chongqing, Xi’An, Zhengzhou.
Nichtsdestotrotz bieten die die Inlandsstädte wie beispielsweise Chengdu, Chongqing, Xi’An, Zhengzhou viele interessante Möglichkeiten für eine lokale Fertigung bzw. die Beschaffung von Gütern gerade auch für deutsche und österreichische Unternehmen, da immer mehr Schienenfrachtverbindungen von China nach Westeuropa eröffnet werden. In Chengdu, Hauptstadt der Provinz Sichuan, haben sich vor allem die Fahrzeugbranche, Elektronik und Informationstechnologie zu einer neuen Schlüsselindustrie entwickelt. Unter den Elektronikherstellern finden sich Unternehmen wie Foxconn, das für Apple in Chengdu vor allem das iPad Mini fertigt. Es wird erwartet, dass sich die Stadt in den nächsten Jahren in ein globales IT-Zentrum verwandelt. In der „The Chengdu Hi-Tech Zone (CDHT)“ haben sich bereits Unternehmen wie Nokia, Siemens, IBM unnd Wipro Technologies angesiedelt. Durch die „Go-West“-Initiative der chinesischen Regierung entwickelten sich die Westprovinzen des Landes extrem schnell. Unternehmen, die sich hier ansiedeln, müssen eine Unternehmenssteuer von nur 15 Prozent abführen (im Vgl. zu normalen Rate von 25 Prozent). Chongqing bildet zusammen mit dem benachbarten Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan, das ökonomische Zentrum Westchinas. Die von Chengdu circa 300 km entfernte Metropole Chongqing hat sich erfolgreich auf die Produktion von Kraftfahrzeugen, Motorrädern und Computern (Mobiltelefonen, Computern und Komponenten) spezialisiert. Hier haben sich bereits deutsche Unternehmen niedergelassen und eine „German City“ ist ebenfalls in Planung. Die German City soll laut Germany Trade & Invest (Gtai) unter dem Motto Industrie 4.0 vor allem Smart Manufacturing und Handel zwischen Chongqing und europäischen Firmen fördern.

Zhengzhou war die erste Industriezone in China, die um einen Flughafen herum gebaut wurde. Der Flughafen der Stadt ist einer der am schnellsten wachsenden in ganz China (Fracht und Passagiere). Bis 2020 soll er vierzig internationale Frachtflugverbindungen besitzen. Eine weitere Großfabrik von Foxconn befindet sich in Zhengzhou. In 2017 wurden vier Frachtzugverbindungen zwischen Hambug und Zhengzhou aufgenommen. Meist werden auf dieser Route Elektronikgüter, Automobil-Ersatzteile und Komponenten für Industrieroboter transportiert. Sie handelt 30 Prozent des gesamten Güterzug-Frachtvolumens zwischen China und Europa. Im von Chengdu circa 700 km entfernten Xi’An siedeln sich zunehmend E-Commerce-Unternehmen und deren Logistikdienstleister, Fertigungsbetriebe und F&E-Zentren an. Weiterhin ist die Stadt in der Shaanxi-Provinz ein Zentrum der Software- sowie Luft- und Raumfahrtindustrie und ist mit Chengdu und Chongqing Bestandteil der Entwicklungszone „West Triangle“. Wichtige Industriezonen sind die Xi’an Economic and Technological Development Zone und die Xi’an Hi-Tech Industries Development Zone. Der Singapurer Entwickler für Logistikimmobilien GLP besitzt bereits fünf Logistikparks in Xi’An und will zwei weitere bauen.

Ökonomisches Zentrum Westchinas erhält neue Frachtverbindungen nach Europa.
Mitte letzen Jahres erklärte DHL Global Forwarding zusammen mit der Rail Cargo Group (RCG), die Güterverkehrssparte der österreichischen ÖBB, den Ausbau der Verbindungen zwischen Wien und China. Die Erweiterung des „Belt and Road“-Netzwerks verbindet China und Österreich innerhalb von 15 Tagen auf dem Landweg. „Im Rahmen der getroffenen Absichtserklärung werden DHL Global Forwarding und RCG daran arbeiten, sowohl die Kapazitäten im Schienengüterverkehr weiter zu steigern als auch weitere Routen, ergänzend zu den bereits bestehenden China-Europa-Verbindungen, zu entwickeln. DHL Global Forwarding wird hierbei – wie auch entlang seiner anderen Verbindungen – Door-to-Door Lösungen anbieten und damit unter anderem die Vor- und Nachläufe zwischen Qingbaijang (Anm. d. Red: Bhf in Chengdu) und anderen Teilen Chinas sowie zwischen dem Wiener Güterverkehrszentrum und europäischen Bahnhöfen als auch den finalen Lieferadressen seiner Kunden sicherstellen“, sagte Christoph Wahl, Managing Director DHL Global Forwarding Österreich.

Laut DHL verfügen die Zugcontainer im multimodalen Netzwerk über eine Reihe von optionalen Features und Services, wie beispielsweise fernüberwachte Temperaturkontrolle, Nachverfolgung in Echtzeit, komplette Übernahme der Verzollung und Konsolidierung und erhöhte Sicherheitsvorkehrungen. Selbstverständlich stehen all diese Optionen auch Kunden der Verbindung Chengdu – Wien zur Verfügung. „Der chinesische Markt birgt ein enormes Wachstumspotenzial für Europa und wir beabsichtigen auf diesem Weg das Handelsvolumen zu unterstützen, das im vergangenen Jahr um fast 16 Prozent gestiegen ist – und auch zukünftig keine Anzeichen einer Verlangsamung oder eines Rückgangs zeigt“, sagte Thomas Kargl, Mitglied des Vorstands der Rail Cargo Group.

Zudem eröffnete Lufthansa Cargo am 5. Mai eine Frachtflug-Direktverbindung zwischen Frankfurt und Chengdu. Eine Boeing 777F fliegt jeden Montag und Samstag nach Chengdu und am Dienstag und Sonntag wieder zurück nach Frankfurt. „Wir sind sehr stolz darauf, dass wir jetzt die Megacity Chengdu in Westchina zweimal pro Woche mit einer Boeing 777 ansteuern. Dadurch können wir nun Transportlösungen für die boomenden Märkte in Westchina anbieten“, sagte der Frank Naeve, Vizepräsident für die Asien-Pazifik-Region bei Lufthansa Cargo. Chengdu ist neben Schanghai, Peking, Guangzhou und Honk Kong der fünfte Bestimmungsort der Frachtfluglinie in China.

Distributionszentren und -infrastruktur dringend benötigt.
Auch wenn die steigenden Immobilienpreise und Löhne in den Küstenregionen Treiber für die Ansiedlung von Unternehmen in den West- und Inlandsprovinzen sind, benötigen diese dringend Distributionszentren und logistische Infrastruktur. Laut des größten chinesischen Lagerhaus-Entwicklers GLP besteht eine große Nachfrage nach „Grade A“- Lagerhäusern. Dies sind Lagerhäuser, die modernen Baustandards genügen. Besonders die E-Commerce-Industrie belegt bereits einen größeren Teil dieser hochmodernen Lagerhäuser. Für europäische Anbieter von Lagertechnik, insbesondere im Bereich „Smart Warehousing“, besteht hier eine große Geschäftschance. Laut Gtai sind die Chancen für Intralogistik-Technologie insbesondere Roboter „made in Germany“ groß. Firmen wie Swisslog mit ihrem Automated Item Picking (AIP)-System und SSI Schäfer mit dem Schaefer Robo-Pick sind bereits im Markt aktiv. (DR)

Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 2/2019

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